Gründung
Auch die Dietesheimer „Katholische Jugend“ suchte neue Ziele und Ideale. Mit interessierten Jugendlichen begann Kaplan Quirmbach die Jugendarbeit. Die Familie Hainz in der Obermainstraße stellte ihre Bauernstube für die ersten Gruppenstunden bereit, weil geeignete Räume im Schwesternhaus mit Möbeln bombengeschädigter Familien vollgestellt waren. Bei einem Bombenangriff auf Hanau war auch Dietesheim in Mitleidenschaft gezogen worden, zahlreiche Häuser waren beschädigt oder völlig zerstört.
In den später freigewordenen Räumen des Schwesternhauses entfaltete sich nun eine ersprießliche Gruppenarbeit der männlichen und weiblichen Jugend. Eine Laienspielgruppe veranstaltete in den ersten Nachkriegsjahren mit großer Hingabe Theateraufführungen und bot im überfüllten Saalbau „Zum Schwanen“ der Einwohnerschaft eine liebgewordene Abwechslung.
Im Jahre 1950 machte man sich Gedanken, in welcher Organisation den heranwachsenden Jugendlichen die zu erstrebenden Ideale und Ziele vermittelt werden könnten. Zu dieser Zeit wurden überall Kolpingfamilien gegründet. Wenn auch das Wollen und die Idee Adolf Kolpings damals bei uns noch ziemlich unbekannt waren, so fand doch die Anregung von zwei jungen Männern Zustimmung, auch in Dietesheim eine Kolpingfamilie zu gründen. Alsbald wurde begonnen, das Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Am 9. Januar 1950 hörten Männer und Jungmänner im Schwesternhaus in Anwesenheit von Herrn Pfarrer Belz und Herrn Kaplan Koob einen informativen, eindrucksvollen Vortrag des Kolpingbruders Benedikt Zang aus Offenbach über Adolf Kolping und sein Werk. Nach eingehender Diskussion waren sich die versammelten Männer und Jungmänner einig in ihrem Ziel und wählten Karl-Heinz Winter zum Leiter dieser neuen Gemeinschaft. Ihm sollte Anton Adam zur Seite stehen und die Gründung vorbereiten.
Montagsabends trafen sich die Interessierten bei Wilhelm Glab im Gasthaus „Zum Löwen“. Referenten aus benachbarten Kolpingfamilien und andere Persönlichkeiten hielten Vorträge und regten die Zuhörer immer wieder zu neuen Aktivitäten und Ideen an. Das Zusammenwirken zwischen Jung und Alt, Heimkehrern aus Krieg oder Gefangenschaft und den Heimatvertriebenen entwickelte sich zu einem herzlichen Einvernehmen. Alle Zweifel, daß dieses gemeinsame Vorhaben nicht gelingen könnte, waren bald verflogen. Mit Begeisterung halfen die zur Tat Entschlossenen mit bei der Vorbereitung zur Gründung der Dietesheimer Kolpingfamilie.
Die Kolpingfamilie Offenbach-Bürgel übernahm freudigen Herzens die Patenschaft und man bereitete gemeinsam die Gründungsfeier vor. Sie stiftete auch das Dietesheimer Kolpingbanner. So rückte der Tag der Gründung näher.
Im Heiligen Jahr 1950, am Sonntag, dem 21. Mai, begannen morgens um 8.00 Uhr bei strahlend schönem Wetter die Gründungsfeierlichkeiten. In einem Bannerzug zogen die Priester, Neumitglieder und Patenfamilie in die Pfarrkirche „Sankt Sebastian“ zu einem feierlichen Festgottesdienst. Herr Kaplan Dr. Reul, der Präses der Patenfamilie, hielt die Festpredigt. Danach erfolgte die Aufnahme der Gründer der Dietesheimer Kolpingfamilie, die damit im Internationalen Kolpingwerk Sendung und Auftrag erhalten hat. Die Patenfamilie sang die Speyrer Domfestmesse und gab damit dem Gottesdienst einen festlichen Rahmen. Um 11.00 Uhr versammelten sich die Festgäste im Saalbau „Zum Schwanen“. Auf der mit Blumen dekorierten Bühne hatten im Halbkreis die Bannerabordnungen der Kolpingfamilien der gesamten Umgebung Aufstellung genommen, die Kolpingfamilie Bürgel leitete mit einem Musikstück die akademische Feier ein. Herr Pfarrer Belz konnte in seiner Begrüßungsansprache besonders den anwesenden Diözesanpräses Herrn Direktor Weissbäcker aus Mainz begrüßen. Kolpingbruder W. Schmitt aus Bürgel hielt die Festansprache. Durch die Mitwirkung unseres Kirchenchors erhielt die Feier eine besondere festliche Note. Diözesanpräses Weissbäcker ging in seinen Glückwünschen zur Neugründung der Dietesheimer Kolpingfamilie in begeisterten Worten auf das Werk Adolf Kolpings ein und bat die anwesenden Kolpingsöhne, im Sinne des Gesellenvaters innerhalb und außerhalb der Kolpingfamilie tätig zu werden.
Die junge Kolpingfamilie wählte in ihrer ersten Generalversammlung am 5. Juni 1950 einen Vorstand. Herr Geistlicher Rat Pfarrer Johannes Belz stand der Kolpingfamilie als Präses vor. In geheimer Wahl wurde Anton Adam zum Altsenior, Karl-Heinz Winter zum Senior, Heinz Bodensohn zum Schriftführer und Karl Otterbein zum Kassierer gewählt. Versammlungen sollten künftig im Gasthaus „Zum Löwen“ bei Wilhelm Glab stattfinden. In der Regel traf man sich wöchentlich am Montagabend.
Das Protokoll des ersten Jahres berichtet von einem Tanzabend am Kirchweihsonntag, von einem Lichtbildvortrag im Saal „Zur frischen Quelle“ bei Heinrich Seipel, der von dem damaligen Studienrat und heutigen Professor Dr. Adolf Adam zum Thema „Mit Motorrad und Leica in die Ewige Stadt“ vor vollbesetztem Haus gehalten wurde und die Besucher begeisterte. Der Bundestags-abgeordnete Willy Massoth aus Steinheim sprach zu den Kolpingsöhnen über aktuelle politische Probleme. In einem anderen Vortrag behandelte der Dietesheimer Gemeinde-vertreter Bernhard Hainz Themen der örtlichen Kommunalpolitik. Er bat seine Zuhörer um Interesse für die örtlichen Probleme und um Mitarbeit bei der Lösung anstehender Aufgaben. Eine große Anzahl Kolpingsöhne nahm an der Diözesankonferenz in Bingen teil. Sie erlebten dabei die Gastfreundschaft ihrer Binger Freunde.